Montag, 9. Oktober 2017

Persönlichkeitstheorie - Psychodynamische Persönlichkeitstheorien:Therapeutische Aspekte: "Psychoanalyse" als Heilmethode

In drei Phänomen sieht Freud Auswirkungen des Unbewussten und Zugängen zum Unbewussten:

- In den Fehlleistungen,
- In den Träumen,
- In den Neurosen.

Jedes dieser Phänomene manifestiert die Wirksamkeit des Unbewussten, jedes entspringt einem Konflikt zwischen Primär- und Sekundärvorgang

Der Primärvorgang bezieht sich auf das Unbewusste, er ist nur in Bildern gegeben. Der Sekundärvorgang hingegen stellt sich in Begriffen dar. Wie hängen diese beiden Prozessen zusammen? Für Freud ist eine Antwort deswegen wichtig, weil er in seiner Therapie an die Sprache anknüpft, also an ein logisch begriffliches System, zugleich aber die Bilder des Unbewussten deuten will.

Fehlleistung

"Fehlleistung bezeichnet eine Handlung, deren ausdrücklich angestrebtes Ziel nicht erreicht, sondern durch ein anderes ersetzt wird". Freud zählt unterschiedliche Formen von Fehlleistungen auf.

Versprechen: Das Versprechen ist wohl die bekannteste Form der Fehlleistung. Beispiele:"Ich fordere Sie auf, auf das Wohl unseres Chefs aufzustoßen". Jemand denkt an Vorgänge, die er für schweinisch hält; er sagt:"Und dann sind die Tatsachen zum Vorschwein gekommen."

Vergessen: Vergessen werden Name, Begriffe. Beispiel: Freud erzählt, er selber habe einmal auf dem Bahnhof von Reichenhall eine Fahrkarte lösen wollen. Aber der Name der nächsten großen Bahnstation sei  ihm nicht eingefallen, er habe ihn auf dem Fahrplan suchen müssen. "Er lautet: Rosenheim. Dann weiß ich aber sofort, durch welche Assoziation er mir abhanden gekommen ist. Eine Stunde  vorher hatte ich meine Schwester... besucht; meine Schwester heißt Rosa, also auch ein Rosenheim. Diesen Namen hat mir der "Familienkomplex" weggenommen"

Vergreifen: Freud erzählt, dass er  vor Türen von Patienten seinen Hausschlüssel hervorzog.
Gedankengang: "Hier bin ich zuhause".

Träume und Traumtheorie

Der Traum ist der Königsweg zur Erkenntnis des Unbewussten.

Träume haben zwei Aufgaben: (1) Ein Traum dient der Wunscherfüllung (2) Ein Traum ist Hüter des Schlafes.

Zu (1):  Traum als Wunscherfüllung: Der Charakter der Wunscherfüllung sei illustriert mit einem Beispiel: Ein Mädchen vor dreieinviertel Jahren war auf einem See gefahren."... Die Zeit der Seefahrt war ihr zu rasch vergangen. An der Landestelle wollte sie das Boot nicht verlassen und weinte bitterlich. Am nächsten Morgen erzählte sie: heute Nacht bin ich auf dem See gefahren."

Zu (2): Traum als Hüter des Schlafes: In gewissem Sinne dienen alle Träume dem Bestreben, weiterzuschlafen statt aufzuwachen. Beispiel: Ein junger Student schläft gern lange. "Die Zimmerfrau hatte den strengen Auftrag, ihn jeden Morgen rechtzeitig aufzuwecken, aber auch ihre liebe Not, wenn sie den Auftrag ausführen wollten. Eines Morgens war der Schlaf besonders süß. Die Frau rief ins Zimmer: Herr Pepi, stehen Sie auf, Sie müssen ins Spital. Daraufhin träumte der Schläfer ein Zimmer im Spital, ein Bett, in dem er lag, und eine Kopftafel, auf der zu lesen Stand: Pepi H. ..., cand. med., zweiundzwangzig Jahre. Er sagte sich träumend: Wenn ich also schon im Spital bin, brauche ich nicht erst hineinzugehen, wendete sich um und schlief weiter. Er hatte sich dabei das Motiv seines Träumens unverhohlen eingestanden.

Traumquellen: Freud zählt drei Quellen für Träume auf: (1) rezente Erlebnisse, (2) infantile Ereignisse, (3) somatische Vorgänge.

Zur (1):  Rezente Erlebnisse: Es wird ein einfacher Vorfall erinnert, der dann umgestaltet wird. Beispiel: Eine junge Frau erzählt einen Traum, in dem sie eine Kerze in einen Leuchter steckt. "Die Kerze ist aber gebrochen, so dass sie nicht gut steht." Der reale Anlass war folgender: Das Mädchen "hat gestern wirklich eine Kerz in den Leuchter gesteckt; die war aber nicht gebrochen. Hier ist eine durchsichtige Symbolik verwendet worden. Die Kerze ist ein Gegenstand, der die weiblichen Genitalien reiz; wenn sie gebrochen ist, so dass sie nicht gut steht, so bedeutet dies die Impotenz des Mannes ... Ob nur die sorgfältige erzogene.... junge Frau die Verwendung der Kerze kennt?"

Zur (2): Infantile Ereignisse: Im Traum können Eindrücke aus den frühesten Lebensaltern erscheinen. Beispiel: Ein Mann wollte nach zwanzigjähriger Abwesenheit in seinen Heimatort zurückkehren. "In der Nacht vor der Abreise träumte er, er sei in einer ihm ganz unbekannten Ortschaft und begegne daselbst auf der Straße einem unbekannten Herrn, mit dem er sich unterhalte. In seine Heimat zurückgekehrt, konnte er sich nun überzeugen, dass diese unbekannte Ortschaft in nächster Nähe seiner Heimatstadt wirklich existiere, und auch der unbekannte Mann des Traumes stellte sich als ein dort lebender Freund seines verstorbenen Vaters heraus. Wohl ein zwingender Beweis, dass er beide, Mann wie Ortschaft, in seiner Kindheit gesehen hatte"

Zur (3): Somatische Vorgänge: Freud nennt drei Arten: "die von äußeren Objekten ausgehenden objektiven Sinnesreize, die nur subjektiv begründeten inneren Erregungszustände der Sinnesorgane und die aus dem Körperinnern stammenden Leibreiz". Freud misst diesen Reizen allerdings keine große Bedeutung zu.

Spezielle Trauminhalte: Es gibt "eine gewisse Anzahl von Träumen, die fast jederman in derselben Weise geträumt hat":
- der Verlegenheitstraum der Nacktheit, der exhibitionistische Wünsche ausdrückt.
- der Traum vom Tode teurer Personen, der Todeswünsche gegen Eltern und Geschwister enthält.
- der Prüfungstraum, der Selbstkritik (Du hast nicht alles recht gemacht!)ausdrückt und Trost gewährt.(Es ist ja schon alles vorbei!)

Traumarbeit nennt Freud den Vorgang, bei dem der Träumer aus verschiedenen "Materialien" den manifesten Traum zusammensetzt. Aus der Traumarbeit lassen sich alle Träume erklären, auch die Traum-Entstellungen. Wünsche des Es werden vom Ich nicht offen zugelassen; sie werden darum "entstellt" zu Inhalten, die das Ich zulassen kann. Diese Aufgabe der Zulassung ist Sache des "Zensors" - Zensor verstanden als Anteile des Ichs, die im Traum noch wirksam sind.

Um seinen Effekt zu erzielen, wendet der Zensor verschiedene Mittel an:
- Verschiebung: Sache und Affekt werden getrennt. Beispiel: Eine Dame wird umworben von zwei Männern, kann sich aber für keinen von beiden entscheiden; in einem Traum erlebt sie, dass zwei Züge aus entgegengesetzter Richtung auf sie zufahren.
- Verdichtung: Verschiedene Inhalte werden in ein Bild zusammengezogen. Beispiel: Vor einem Examen träumt ein Student, er gehe einkaufen, Verkäufer sei sein Prüfer, und der verlange einen zu hohen Preis.
-Dramatisierung: Die Traumarbeit verwandelt verschiedene Handlungsstränge in eine gemeinsame Szene. Beispiel: Herr A hat Streit mit der drei verschiedenen Geschäftspartnern; er träumt, dass ihm auf einer Straße ein Pferde-Dreigespann entgegenkommt und ihm den Weg verstellt. - Die Beispiele verdeutlichen, dass sich Verschiebung, Verdichtung und Dramatisierung nicht eindeutig trennen lassen.

Traum-Symbolik: Traumbilder können verschiedenes bedeuten. Unter den sexuellen Traum-Symbolen zählt Freud, unter anderem auf:
- für das männliche Genitale: Turm, Fuß, Pinsel, Schere, Zigarre, Rucksack, usw.;
- für das weibliche Genitale: Höhle, Schale, Eierbecher, Kino, Zimmer usw.
- für das Koitus: Stiegensteigen, Überfahrenwerden, Eindringen in Räume usw.

"Lebe ich also wirklich inmitten von Sexualsymbolen?... Es gibt wirklich Anlass genug zu verwunderten Fragen, und die erste derselben lautet: Woher wir denn eigentlich die Bedeutung dieser Traum-Symbole kennen sollen...? Ich antworte: aus sehr verschiedenen Quellen, aus den Märchen und Mythen, Schwänken und Witzen, aus Folklore, d.i. der Kunde von den Sitten, Gebräuchen, Sprüchen und Liedern der Völker, aus dem poetischen und dem gemeinen Sprachgebrauch. Überall findet sich dieselbe Symbolik vor."

Bei der Trauminterpretation geht es um eine Dechifferierung; die Materialien, welche die Traumarbeit im manifesten Traum zusammengezogen hat, sollen wieder auf die ursprünglichen Bedeutungsgehalte zurückgeführt werden. - Die Assoziationen, die der Klient zu seinen Träumen liefert, dienen dem Zweck, den "Sitz im Leben" des Träumers zu finden. Die Bedeutung der Symbole aus Mythen, Märchen, dient mehr dem Zweck, einen Traum typologisch zu sehen, den Traum systematisch einzuordnen.

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