Dienstag, 3. Oktober 2017

Persönlichkeitstheorie - Psychodynamische Persönlichkeitstheorien: Dynamische Aspekte: Abwehrmechanismen

In Zusammenhang mit der Trieblehre lassen sich die Abwehrmechanismen als wichtiger Teil der Psychoanalyse vorstellen. Zunächst seien einige Beispiele zitiert, dann sei erarbeitet, welche Gemeinsamkeit die Abwehrvorgänge kennzeichnet.

Projektion: Triebimpulse aus dem Es verlegt das Ich in die Außenwelt, etwa in andere Personen, und bekämpft sie dort. Beispiel: Person A hegt aggressive Wünsche Person B, verlegt sie aber in B und erklärt, dass B gegen A aggressiv sein.

Rationalisierung: Triebansprüche erweisen sich als unerfüllbar, das Ich verdrängt die wahren Motive und schiebt Scheinmotive vor. Beispiel: Ein Mann leidet unter Waschzwang, besonders vor dem Essen. Seine Zwangshandlung begründet er jedoch mit dem Vorwand hygienischer Besorgnis.

Regression, Fixierung: Das Ich wehrt unerlaubte Impulse ab, indem es zu Befriedigungsformen zurückkehrt (regrediert), die einer früheren Entwicklungsstufe zugehören - die besonders dann, wenn das Subjekt an Erfahrungen der früheren Stufe gebunden ist (fixiert bleibt). Beispiel: Ein Mann wehrt sexuelle Konflikte durch  Esssucht ab, er regrediert auf eine frühere Stufe, an die er infolge hoher Befriedigung oder bitterer Versagung fixiert geblieben ist.

Verdrängung: Bedürfnisse aus dem Es werden aus dem Bewusstsein verdrängt, so dass sie nicht mehr vorhanden zu sein scheinen; in Wirklichkeit werden sie nur unerlebbar gemacht. Beispiel: Eine junge Dame kommt nicht auf den Name "Ben Hur". Verdrängt wird der Anklang an "Hure".

Der Begriff Verdrängung steht im Mittelpunkt von Freuds Denken als einer seiner originellsten Begriffe.

Was besagt der Begriff?

Verdrängung  tritt in zweierlei Bedeutung auf: (1) Er fungiert als Oberbegriff , er umfaßt dann alle Abwehrvorgänge. - (2) Er dient als Spezialbegriff und repräsentiert dann eine einzelne Variante der Abwehrvorgänge.

In einer Verdrängung lassen sich im klassischen Fall drei Phasen voneinander abheben:

- Urverdrängung Vorstellungen eines Triebes, weil verboten werden im Unbewussten festgelegt. Beispiel: Exhibitionistische Impulse eines Jungen gelten in seiner Mitwelt als verpönt. Der Junge lässt exhibitionistische Vorstellungen nicht zu.

- Eigentliche Verdrängung: Vorstellungen, die dennoch auftreten, werden dem urverdrängten Impuls nachgeschoben. Beispiel: Der Junge sieht oder vollzieht eine exhibitionistische Schau, verhängt jedoch das Bild.

- Wiederkehr des Verdrängten: Der verdrängte Impuls kehrt in Symbolen, Träumen, Fehlleistungen wieder. Beispiel: Der Junge überträgt den Ekel, der mit der exhibitionistischen Schau verbunden war, auf ein Symbol, etwa eine Wurst - er besetzt die Wurst mit Ekel, er bildet eine Wurstphobie aus. Aus dem  Unbewussten wirkt der verdrängte Impuls weiter als Ekel vor einem Symbol.

Gemeinsamkeit der Abwehrvorgänge

Die Beispiele demonstrieren, dass Abwehrprozesse unterschiedlich verlaufen. Gemeinsam ist allen Prozessen jedoch dreierlei: (1) Die Abwehr entspringt immer der Angst - (2) Abwehrende Instanz ist immer das Ich. - (3) Die ins Unbewusste verschobene Wünsche behalten ihre Dynamik, sie versuchen, auf vielerlei Wegen ihre Befriedigung zu erreichen; solche Versuche manifestieren sich höchst unterschiedlich, bestenfalls etwa im "Vergessen" oder "Versprechen", schlimmstenfalls etwa in einer Neurose.

Aus Angst wehrt das Ich unerwünschte Impulse ab. Die Angst entspringt drei Hauptquellen: Dem Es, dem Über-Ich oder der Realität.

- Abwehr aus Angst vor dem Es: Ein Triebwunsch steigt aus dem Es auf, etwa der Impuls: Ich will meine Mutter besitzen, wie der Vater sie besitzt. Dieser Wunsch weckt Gefühle der Bedrohung, das Ich fürchtet etwa, von dem Impuls überwältigt zu werden (Angst vor Ich-Zerfall), darum  verdrängt es den Triebwunsch ins Unbewusste. Im Unbewussten existiert der Wunsch jedoch weiter, so kann er etwa die Sicht auf Vater oder Mutter verzerren.

- Abwehr aus Über-Ich-Angst: Ein Triebwunsch wird dem Ich bewusst etwa: Ich will mich an meinem Bruder rächen. Das Über-Ich verbietet den Impuls. Das ich fügt sich dem Verbot - Aus Angst vor einer Bestrafung durch das Über-Ich. Das Ich projiziert seinen Impuls auf den Bruder und folgert: "Er hasst mich".

- Abwehr aus Angst vor der  Realität: Die Umwelt weckt in einem Kind das Verlangen: Ich möchte in der Vorratskammer naschen. Das Ich erinnert sich jedoch, dass eine solche Tat in der Vergangenheit von der Realität streng bestraft worden sein. Das Kind unterlässt die Handlung, begründet die Unterlassung jedoch durch Rationaliseren, indem er etwa vorgibt, für Naschereien sei er schon zu alt.

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