1 Individuum,
Einzigartigkeit, Persönlichkeit
Individuum bezeichnet für
Psychologen die Persönlichkeit unter dem Aspekt des Einzelwesens,
mit der Konnotation einer gewissen Autonomie, eines gewissen Maßes an
Selbstverfügung.
- Für Philosophen bezeichnet Individuum den Menschen als Einzelwesen, sofern er sich abhebt von der Gesellschaft.
- Für Biologen bezeichnet Individuum das einzelne Lebewesen, in Einzelfällen kann es vorkommen, dass nicht eindeutig zu entscheiden ist, wo eine biologische Einheit beginnt und wo sie endet, so etwa auf niederen Lebensstufen.
- Für Philosophen bezeichnet Individuum den Menschen als Einzelwesen, sofern er sich abhebt von der Gesellschaft.
- Für Biologen bezeichnet Individuum das einzelne Lebewesen, in Einzelfällen kann es vorkommen, dass nicht eindeutig zu entscheiden ist, wo eine biologische Einheit beginnt und wo sie endet, so etwa auf niederen Lebensstufen.
Über das Moment der
Einzelheitlichkeit schließt das Konzept eine weitere Bestimmung ein:
Individum besagt, dass es sich um eine solche Einheit handelt, bei
der sich teile als Bestimmungen eines Ganzen zusammenfügen, dass es
sich also nicht um ein Aggregat beziehungsloser Elemente handelt, um
eine Reihe von Dingen, die beziehungslos nebeneinander stehen
Vielmehr weist Individuum oder Individualität implizit auf eie
Gazeit hin, die den Teilen vorgegeben ist.
Einzigarigkeit bezeichnet
die Persönlichkeit als ein Einzelwesen, das sich als solches nicht
vervielfältigen lässt. Einzigartig ist ein Verhaltensmuster, sofern
Merkmale nur bei einem Individuum auftreten.
Diesen Sachverhalt kann der
Psychologe auf zwei entgegengesetzte Weisen zu beschreiben versuchen.
Die erste Art der
Beschreibung stellt ein Individuum dar unter dem Aspekt seiner
Vergleichbarkeit mit anderen Individuen. Ein Individuum wird
beschrieben mit Merkmalen, die auf viele Individuen zutreffen, das
heißt mit generellen Merkmalen: Beispiele sind Intelligenz,
Konzentration, Leistungsmotivation. Jedes Merkmal wird dem Individuum
in einem bestimmten Ausprägungsgrad zugesprochen (etwa Intelligenz
in der Höhe eines Intelligenzquotienten von 117).
Wird die Position eines
Individuums auf vielen generellen Merkmalen angegeben, so lässt sich
ein Merkmalsprofil erstellen.
Die zweite Art der
Beschreibung stellt ein Individuum dar unter dem Aspekt seiner
Unvergleichbarkeit, unter dem Aspekt also, unter dem es sich von
anderen Individuen unterscheidet. Diesen Dienst leisten spezielle
Merkmale. Spzieller Natur in
dem gemeinten Sinne sind Merkmale dann, wenn sie nur auf wenige
Individuen – nein, wenn sie nur auf ein Individuum zutreffen.Gibt
es Beispiele solcher Merkmale? Ja, wiederum: „Intelligenz,
Konzentration, Leistungsmotivation“ - aber in diesem Falle so
versanden, dass sie nur einem einzigen Individuum zukommen.
Die
Beispiele verdeutlichen jedoch: Auch die zweite Art der Beschreibung
ist angewiesen auf allgemeine Merkmale; aber sie versucht, die
Allgemeinheit so einzugrenzen, dass ein Merkmal im Idealfall – nur
auf ein Individuum passt.
Konkrete
biographische Angaben, die zu allgemeinen Merkmalen hinzutreten,
sollen die „Generalität“ im Einzelfalle beschränken,
eingrenzen, einengen. Solange die Merkmale jedoch allgemeine Begriffe
bleiben, können sie den Einzelfall nicht erschöpfend beschreiben.
Es handelt sich also um einen Versuch, asymptotisch der
Einzigartigkeit näherzukommen. - Ein Beispiel ist die
Charakterisierung einer Person durch ein Gutachten.
Es
haben sich zwei Stichwörter eingebürgert, um die beiden
Beschreibungsarten zu unterscheiden:
- Die erste Beschreibungsart verwendet allgemeine Merkmale; sie heißt nomothetisch. Nomothetisch heißt ein Beschreibungsmodus, der, um Menschen zu kennzeichnen, alleine Gesetzmäßigkeiten verwendet – in unserem Beispiel „allgemeine Merkmale“.
- Die zweite Beschreibungsart zielt auf spezielle, eng umschriebene Merkmale, sie heißt idiographisch. Idiographisch heißt darum ein Beschreibungsmodus, der den Einzelfall zu erfassen sucht, indem er die dem einzelnen anheftenden Eigentümlichkeiten benennt.
Die
Persönlichkeitsforschung insgesamt erscheint weder einseitig
idiographisch noch einseitig nomothetisch orientiert. Dagegen stehen
einzelne Forscher einem von beidien Polen jeweils näher.
Da
Persönlichkeit von den Konzepten Individuum und Einzigartigkeit her
bestimmt wurde – in dem Einleitungssatz zu Teil A – Muss nun
eigentlich geklärt sein, was der Begriff besagt: Persönlichkeit
lässt sich auffassen als der Inbegriff der einzigartigen
Verhaltensweisen eines Menschen, die sich in unterschiedlichem Grade
als individuell beschreiben lassen; eingeschlossen ist die
Vorstellung, dass alle leib-seelischen Vorgänge, alle bewussten oder
unbewussten Tätigkeiten, alle Prozesse oder Zustände dieses
Menschen sich zu einer Einheit integrieren, dass sie sich auf ein Ich
beziehen und – dies sei hinzugefügt – dass sie eine relativ
konstante, aber eine dynamische Ganzheit bilden.
Zu
den Koonnotationen, vielleicht sogar zu Denotationi von Individuum,
Einzigartigkeit und Persönlichkeit gehört die Idee der
Selbstorganisation – diese Idee umschreibt ein gewisses Maß an
Spontaneität. Diese Eigenart sei zuerst negativ, dann positiv
erläutert:
- Negativ besagt die Spontaneität, dass die Persönlichkeit zwar in Abhängigkeit zu ihrer Umwelt steht, dass sie aber von der Umwelt nicht vollständig festgelegt wird, dass sie auf Umwelt nicht nur reagiert.
- Positiv besagt die Spontaneität, dass Persönlichkeit von ihrer Umwelt zwar angeregt wird, dass sie ihr Handeln jedoch auch bestimmt, dass Persönlichkeit demnach ein Zentrum bewussten und reflexiven Handelns einschließt.
Empirisch-psychologisch
kann Persönlichkeit erforscht und dargestellt werden aufgrund sehr
verschiedener Methoden – Methoden, die sich ergänzen, einander
jedoch auch ausschließen können. Darum bestimmt die Methodenwahl
eine Entscheidung darüber mit, wie Persönlichkeit definiert und
theoretisch interpretiert wird. Schon wegen der Vielfalt der
Methodenwahlen gibt es in der Psychologie keine allgemein angenommene
Definition der Persönlichkeit.
Ebenso
vieldeutig wie drei Begriffe „Individuum, Eingenart,
Persönlichkeit“ sind auch die Rahmenbegriffe, denen sie zugeordnet
sind: „Empirische Wissenschaft“ und „Psychologie“. Ihr
Bedeutungshof sei knapp umschrieben.
Empirische
Wissenschaft
Wissenschaft
beginnt „dort, wo das zuvor Selbstverständliche zum rationalen
Problem, zum Gegenstand des systematischen Nachdenkens wird“, dort
also, wo ein Mensch nicht nur tätig, sondern auch sein Tun zum
Gegenstand des Denkens macht. Gemeint ist jener Vorgang, in dem ein
Mensch als Subjekt sein Tun, darin auch sich selbst zum Objekt mach –
es geht um Reflexion, die als kritische Tätigkeit das reflektierende
Subjekt mit einbezieht.
Zur
Wissenschaft gehört System – Zusammenschau und Zusammenstellung.
Nicht zur gelegentlich oder zufällig werden Erfahrungen gemacht und
geordnet, sondern systematisch und regelhaft werden Erfahrungen
fixiert, geordnet, mit den anderen Erfahrungen verglichen. Solche
Tätigkeit umfaßt:
- Klassifizieren, also die Aufgabe, gleiche Gegenstände gleichen Aussageklassen zuzuordnen.
- Beschreibung korrelativer Zusammenhänge, also die Aufgabe, Aussagen zu formulieren von der Art: „Immer dann, wenn“.
- Beschreibung kausaler Zusammenhänge, also die Aufgabe, Sätze zu bilden von der Art: „Weil, darum“.
- Beschreibung finaler Zusammenhänge, also die Aufgabe, Feststellungen zu trefen, die besagen: „Damit, deswegen“.
Als
Wissenschaft gilt nicht jede Art von Wissen, das reflektiert und
systematisch vorgelegt wird. Als Wissenschaft gilt nur, was von
Wissenschaftlern anerkannt wird – Wissenschaft beruht auf
intersubjektivem Konsens. „Es scheint mir, dass... die gemeinsamen
Züge der wissenschaftlichen Methode sich.... anknüpfen lassen an...
die Forderung der Kontrollierbarkeit, …. die Kontrolle durch …
Leute, die Urteil haben“.
Was
als wissenschaftliche Aussage gelten soll, geht eine Öffentlichkeit
an. Wer wissenschaftliche Sätze aufstellen will, muss sie der
„Kritik durch andere“ aufsetzen. Diese Forderung beruht auf der
Annahme, dass kollegiale Urteile garantiere die Wahrheitsfindung
verlässlicher als der individuelle Erkenntnisakt. Einen Sachverhalt
dem kritischen Urteil „der anderen“ anzubieten heißt, ihn dem
Risiiko des Scheiterns auszusetzen. Methodisch ergibt sich daraus die
Forderung, Gegenstände der Wissenschaft „kritisierbar“ zu
formulieren.
Persönlichkeitspsychologie
versteht sich als empirische Wissenschaft. Die Daten, von denen sie
ausgeht, sich demnach Sinnesdaten: dem Auge, dem Ohr, dem Tastsinn
usw. zugänglich, oft erst dank der Vermittlung von Apparaten. Wenn
diese Daten auf verschiedenen Abstraktionsebenen reflektiert und
systematisiert worden sind, der Kritik von „Person mit Urteil“
standgehalten haben, dann müssen sich die konsequenzen wieder in
Sinnesdaten nachweisen lassen.
Erhebung
von Systematisierung von Sinnesdaten folgt Gesetzen und Regeln, die
ihrerseits nicht empirisch zu rechfertigen sind. So müssen Aussagen
widerspruchsfrei sein, sie müssen in einem Begründungszusammenhang
stehen. Die Regeln, die dieser Forderung zugrundeliegen, lassen sich
empirisch nicht mehr „begründen“. Denn jede Aussage über
empirisch Sachverhalte stützt sich schon auf solche Regeln und
Gesetze, setzt ihre Gültigkeit also voraus.
Manche
Sätze, die zuerst nur einem Kreis von Wissenschaftlern bekannt
waren, sind Teil des Allgemeinwissens geworden, meist ohne ihren
streng wissenschaftlichen Charakter zu bewahren, etwa Sätze der
Medizin über Infektion. Als Teil des öffentlichen Gewussten
verändern solche Sätze das Leben. Auffällige Auswirkungen auf das
Leben hat die Verbindung von Wissenschaft und Technik gebracht:
Industrialisierung mit ihrer Auswirkung auf Baustil, soziale
Struktur, individuelles und öffentliches Bewusstsein. - Beispiele
für die Ambivalenz solcher Auswirkungen sind in unseren Tagen
Kernenergie und Atomindustrie.
Psychologie
Psychologie
wird umschrieben als empirische Wissenschaft vom Verhalten.
Verhalten sind dabei als eine erste Gegebenheit verstanden, ist darum
nicht im strengen Sinne definierbar. Wer bestiimmen will, was
Verhalten besagt, verweist auf bestimmte Sachverhalte – etwa Sehen,
Hören, Wahrnehmen, Problemlösen – und nennt sie Beisiele fr
Verhalten.
Charakterisiert
wird Verhalten durch seine Öffentlichekeit. Verhalten ist nur, was
der Beobachtung zugänglich ist, der intersubjektiven Kontrolle
unterworfen. Die Frage, was Verhalten sei, wird damit verschoben zu
der Frage hin, was beobachtbar, was intersubjektiv kontrollierbar
sei. Psychologie lässt sich dann umschreiben als Wissenschaft von
solchen Sachverhalten, die beobachtbar sind, das heißt von
Sachverhalten, über die intersubjektives Verständnis herstellbar
ist.
Wir
rechnen zum Verhalten beides:
- Was mehreren Beoachtern gleichzeitig zugänglich ist, gleichsam die Außenseite des Verhaltens, aber auch,
- Was jeweils nur dem einzelnen gegeben ist, also die Erlebnisanteile des Verhaltens, nur erfassbar durch Introspektion, anderen Beobachtern aber mitteilbar durch Äußerung über Erlebtes.
Psychologie
umschreiben wir folglich als Wissenschaft vom Verhaltens und Erleben
– eine Umschreibung, die das herkömmliche Konzept wiedergeben
dürfte.
Jedoch
– Die Vielfalt, Gegensätzlichkeit, auch Widersprüchlichkeit
dessen, was als Psychologie gilt, wird aus dieser Umschreibung nicht
erkennbar. So wenig wie das, was wir Wissenschaft nennen, ist die
Psychologie ein einheitliches System. Darum legefn sich einige
Abgrenzungen und Ergänzungen nahe.
Psychologie
ist die Wissenschaft von jenen Verhaltensaspekten, die innerhalb
geschichtlicher und gesellschaftlicher Entwicklungen als relevant und
methodisch erfaßbar erscheinen. Es handelt sich um
Verhaltensauschnitte, die in einer gegebenen Epoche als
kontrollierbar gelten. Es geht um Verhaltensaspekte, die im Laufe
eies bestimmten Entwicklung, aus den verschiedensten Gründen,
abgegrenzt wurden – etwa Leistungsverhalten in eienr
Leistungsgesellschaft.
Die
Psychologie ist weder die einzig mögliche noch die beste
Verhaltenswissenschaft – Soziologie und Politologie sind ebenso
richtige Verhaltenswissenschaft, von ihnen hebt sich die Psychologie
nach Schwerpunkten ab, ist jedoch kaum von ihnen eindeutig
abgrenzbar.
Reflexion: Was ist Persönlichkeitspsychologie
Psychologische Aussagen werden gesammelt, die ein Individuum kennzeichnen, sofern es ein einzigartiges Verhalten erkennen lässt, ein Verhalten das über Situationen, die sich ergeben sollen empirisch begründbar sein und - zusammen genommen - ein System bilden, das als Wissenschaft anerkannt wird.
Persönlichkeitspsychologie zielt darauf, Individuen in ihrer Einzigartigkeit zu erfassen. Dieses Ziel schließt den Versuch ein, Individuen voneinander abzuheben. Um diesen Aspekt herauszustellen, wird die Disziplin auch "Differentielle Psychologie" genannt. William Stern hat die Bezeichnung geprägt. Zwischen Individuen, meist Gruppen von Individuen (Etwa Frauen und Männern, Introvertierten und Extraverierten) werden gesetzhafte Differenzen ermittelt und, wenn möglich bebildet.
- Unterschied und Gleichheit lassen sich interindividuell fassen: Individuen oder Gruppen werden mit anderen Individuen oder Gruppen verglichen.
- Unterschied und Gleichheit lassen sich auch intraindividuell verstehen: Verhaltenssequenzen desselben Individuums in einer Situation, zu einem Zeitpunkt werden verglichen mit Sequenzen in anderen Situationen, zu anderen Zeitpunkten.
Psychologische Aussagen werden gesammelt, die ein Individuum kennzeichnen, sofern es ein einzigartiges Verhalten erkennen lässt, ein Verhalten das über Situationen, die sich ergeben sollen empirisch begründbar sein und - zusammen genommen - ein System bilden, das als Wissenschaft anerkannt wird.
Persönlichkeitspsychologie zielt darauf, Individuen in ihrer Einzigartigkeit zu erfassen. Dieses Ziel schließt den Versuch ein, Individuen voneinander abzuheben. Um diesen Aspekt herauszustellen, wird die Disziplin auch "Differentielle Psychologie" genannt. William Stern hat die Bezeichnung geprägt. Zwischen Individuen, meist Gruppen von Individuen (Etwa Frauen und Männern, Introvertierten und Extraverierten) werden gesetzhafte Differenzen ermittelt und, wenn möglich bebildet.
- Unterschied und Gleichheit lassen sich interindividuell fassen: Individuen oder Gruppen werden mit anderen Individuen oder Gruppen verglichen.
- Unterschied und Gleichheit lassen sich auch intraindividuell verstehen: Verhaltenssequenzen desselben Individuums in einer Situation, zu einem Zeitpunkt werden verglichen mit Sequenzen in anderen Situationen, zu anderen Zeitpunkten.
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